Was ist eigentlich gutes Licht?
Ein Interview mit Christian Bartenbach – CEO Bartenbach Gmb
Der Österreicher Christian Bartenbach führt das Unternehmen Bartenbach GmbH in zweiter Generation. Weltweit arbeiten renommierte Architekturbüros und Lichtplaner mit seinen und den von seinem Vater entwickelten Technologien und Ansätzen zur optimalen Beleuchtung von Räumen. Im Bereich der Lichtlenkung arbeitet RIBAG mit der Bartenbach GmbH zusammen. Neben der einzigartigen Leuchte VIOR entwickelte RIBAG, mit Einsatz von Bartenbach‘schen Linsen- und Reflektorkomponenten, die neuen Kollektionen SPARK und MILUM. Alle drei Leuchtenkollektionen wurden für ihr Design und ihre Lichtwirkung mit Designpreisen ausgezeichnet. Neben der Herstellung von Leuchten und dessen Komponenten widmet sich Christian Bartenbach der Forschung und Entwicklung ganzheitlicher Lichtlösungen und erörtert die Wirkung von Licht auf den Organismus und dessen Gesundheit. Was er damit meint und wie die Entwicklung des Lichts im nächsten Jahrhundert seiner Meinung nach aussieht, erzählt er im Interview.
Herr Bartenbach,in welchem Licht fühlen Sie sich am wohlsten? Am wohlsten fühle ich mich im Tageslicht an einem sonnigen Tag. Am Abend bevorzuge ich akzentuiertes, warmes Licht.Warum fasziniert Sie das Medium Licht so sehr? Es kann die Atmosphäre eines Innen-der Aussenraumes über den Tag verändern, ohne dass sich die Materialität verändert! Der Lichtplaner, beziehungsweise der Lichtschaffende hat eine sehr grosse Verantwortung – was vielen gar nicht bewusst ist.Ich hatte durch die Arbeit meines Vaters schon sehr früh Berührung mit Licht. Licht ist so vielseitig und spannend. Bei Bartenbach gibt es einen künstlichen Himmel, Modellbau, Entwicklung und Messtechnik. Es wird sehr viel experimentiert und es gibt immer wieder neue Aufbauten für Studien. Jedes Projekt ist anders und es entsteht in der Tätigkeit niemals eine Monotonie oder Wiederholung.
Sie arbeiten mit Tageslicht, Kunstlicht,Operationslicht, Filmlicht…was ist dennnun „gutes Licht“? Das kommt auf die Tätigkeit und auf die Tageszeit an. Ein Operationslicht muss anderen Anforderungen gerecht werden wie das Licht für ein Candle Light Dinner. Gutes Licht folgt idealerweise den Tag/Nacht- Veränderungen und ist auf die jeweiligen Bedürfnisse und Tätigkeiten des Menschen hin optimiert. Es sollen gleicherweise visuelle wie auch biologische Anforderungen erfüllt werden und es soll sich, durch die Interaktion mit dem Raum und dessen Oberflächen und Materialien, eine für den Menschen behagliche oder aktivierende (je nach Tätigkeit) Atmosphäre einstellen.
Wenn man gutes Licht möchte, sollte man Ihrer Meinung nach „ganzheitliche“Ansätze und Denkweisen zu guten Leuchten verfolgen. Was verstehen Sie unter ganzheitlich? Unter „ganzheitlich“ verstehe ich das Zusammenwirken optimierter visueller Wahrnehmungsvorgänge mit physikalischen, technischen und gestalterischen Überlegungendie Lösungen mündet, deren entscheidender Vorzug darin besteht, einen Beitrag zur Lebensqualität zu leisten.In Ihren Studien haben Sie eruiert, dass dasWohlbefinden massgeblichdurchLicht beeinflusstwird. Ist diese Empfindungnicht sehr individuell? Natürlich gibt es individuelle Empfindungen, aber es gibtallgemeine Zusammenhänge, wie Menschen auf Licht reagieren und empfinden. Zur Veranschaulichung nehme ich gerne die Behaglichkeitskurve von Kruithof zur Hand. Kruithof zeigt auf, dass das Licht in Abhängigkeit von Lichtfarbe und Beleuchtungsstärke als angenehmoder auch unangenehm auf den Menschen einwirken kann. Er erkannte, dass nicht nur die Beleuchtungsstärke oder die Farbtemperatur allein für eine angenehme Umgebung sorgt, sondern erst die Kombination daraus. Dieses Modell ist sowohl für Kunstlicht als auch für Tageslicht anwendbar. In unseren Studien hat sich dieser Zusammenhang immer wieder bestätigt.
Licht hat bekanntlich Einfluss auf die Gesundheit. Reicht Ihrer Meinung nach,ein Spaziergang im Tageslicht um gesund zu bleiben, oder sollte man sein Umfeld von LED Leuchten erhellen lassen ? Wichtig ist, dass möglichst viel Licht ans Auge gelangt, möglichst am Morgen oder frühen Vormittag. Aussenbeleuchtungsstärken sindum ein Vielfaches höher als im Inneren, deshalb ist der Aufenthalt im Freien zu empfehlen. So sind zum Beispiel an einem hellen Tag 5000 LUX-Stunden in einer Stunde erreicht. Als Berufstätiger im Bürogibt es zwar kaum Möglichkeit zu einem Spaziergang am Vormittag, man kann jedoch zu Fuss oder mit dem Fahrrad zur Arbeit, um in den Morgenstunden Licht zu tanken oder seine Pause im Freien verbringen. In dem Forschungsprojekt „Repro light“ untersuchen wir die positive, aktivierende Wirkung einer neuartigen Bürobeleuchtung, die eine hohe vertikale Beleuchtungsstärke am Auge erzeugt. Die Versuchsreihe wird im Sommer abgeschlossen sein und im Herbst 2020 werden uns die Ergebnisse vorliegen. Wenn sich die Wirkung bestätigt und davon gehe ich aus, dann können wir auch die Fussfaulen mit ausreichend Licht versorgen.In welcherArt beeinflusst Licht unsere Schlaf-und Wachphasen?Langfristig wird unser Tag-Nacht-Rhythmus über Licht gesteuert. Dieser Rhythmus sollte möglichst durch hohe Intensitäten mit kalter Lichtfarbe am Tag und niederen Intensitäten und warmer Lichtfarbe am Abend und in der Nacht unterstützt werden, insbesondere um Störung durch Melatoninunterdrückung in der Nacht zu vermeiden.
Welche Gütemerkmale einer Beleuchtung sind dabei entscheidend um Wunschlicht zu erhalten ? Die Beleuchtungsstärke am Auge,die Tageszeit, das Lichtspektrum und die Expositionszeit. Am Tag braucht der Mensch viel weisses Licht, damit sich das Serotonin- Hormon (Glückshormon) bilden kann. Am Abend bzw. in der Nacht setzt die Produktion des Melatonin- Hormons(Schlafhormon) ein, das jedoch durch ein zu weisses Licht unterdrückt wird. Deshalb sollte am Abend das Licht wärmer sein und die Intensität abnehmen.